Kommunikation im Straßenverkehr

Ich erlebe es oft, dass wenn ich eine Straße vor einem herannahenden Auto zu Fuß überquere, der Fahrer das Tempo leicht erhöht oder zumindest ungebremst weiterfährt. Eigentlich sollten wir erwarten, dass der Autofahrer das Gefahrenpotential der Situation erkennt und sein Auto abbremst. Das wäre sehr sinnvoll. Aber offensichtlich nimmt der Autofahrer eine andere Wertung der Situation vor. Weshalb ist das so?

Versuchen wir das Phänomen aus der Konfliktperspektive zu verstehen. Der Fahrer und der Fußgänger sind in dieser Situation aufeinander bezogen. Sie kommunizieren quasi nonverbal miteinander. Nun hat der Fahrer folgende Möglichkeiten sich zu artikulieren: Er könnte hupen, hörbar beschleunigen, abbremsen, nichts dergleichen tun, also das Tempo beibehalten, cool und unbeeindruckt reagieren. Der Fußgänger hat die Optionen langsam zu gehen, schneller zu gehen, stehen zu bleiben, zu rennen oder ganz cool und unbeeindruckt die Straße zu überqueren.

Weshalb hat diese Situation Konfliktpotential? Der Fußgänger löst den Konflikt aus, indem er das Hoheitsgebiet des PKW-Fahrers betritt, denn die Straße gehört den Autos (Dass die Straße natürlich allen Verkehrsteilnehmern gehört, weiß der Autofahrer nicht). Der Fußgänger initiiert den Konflikt, weil er die Fahrtrichtung des Autos kreuzt. Würde er lediglich am Straßenrand stehen bleiben, ist die Situation entspannt. Mit dem ersten Schritt wirft der Fußgänger dem Autofahrer ein Seil zu, dass dieser zu fassen bekommt und kräftig dran zieht, es entsteht eine Spannung. Der Autofahrer ist genötigt, etwas zu unternehmen. Eigentlich zu bremsen, doch das tut er nicht, wie die Erfahrung zeigt. Er behält sein Tempo bei, oder er beschleunigt – versuchen Sie es selbst mal, sie werden sehen, dass es nur wenige Ausnahmen gibt.

Versuchen wir uns in den Autofahrer einzufühlen. Offensichtlich hat er erkannt, dass eine Kollision ausgeschlossen ist und vermeidet deswegen den Bremsvorgang. Er kann auch ganz entspannt bleiben, denn sollte es wirklich zu einem Zusammenstoß kommen, wird weder sein Auto noch er selbst Schaden nehmen. Offensichtlich fühlt sich der Autofahrer durch den Fußgänger herausgefordert und provoziert. Er fühlt sich nun aufgerufen seine Überlegenheit durch eine Machtdemonstration deutlich machen. „Von dir lass ich mich nicht begrenzen! Außerdem bin ich der König der Straße, du hast da nichts verloren. Also weg da vorne. Im Schlimmstenfalls überfahre ich dich. Du glaubst mir nicht? Schau, wie ich Gas geben kann!“ Die erweitere Erfahrung zeigt übrigens, dass es im Hinblick auf das Verhalten der Autofahrer keine Geschlechtsunterschiede gibt.

Vielleicht sollten Fußgänger auf der Straße einfach mal demonstrativ stehenbleiben, um herannahenden Autos zu signalisieren: „Am Ende entscheide ich darüber, ob du mich überfährst oder nicht!“

Hier finden Sie eine interessante Webseite zum Thema.

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